Besuch des Berufsschullehrers Helmut Leclere (r.) bei Praktikant Hendrik Emunds (M.) und seinem vorübergehenden Ausbilder Jean-Marie Kohnen.
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Besuch des Berufsschullehrers Helmut Leclere (r.) bei Praktikant Hendrik Emunds (M.) und seinem vorübergehenden Ausbilder Jean-Marie Kohnen.

News vom 11.06.2024Mit belgischen Kollegen am Motor geschraubt

Hendrik Emunds hat bei seinem Auslandspraktikum in Eupen tolle Erfahrungen gesammelt.

Aachen/Eupen. Hendrik Emunds, Auszubildender im Kraftfahrzeugmechatroniker-Handwerk, hat einen Bericht zu seinem Auslandspraktikum verfasst:
Meine Familie und ich, wir leben Seite an Seite mit unseren belgischen Nachbarn, und doch weiß man so gut wie nichts über die Menschen und die Gepflogenheiten auf der anderen Seite der Grenze. Wir freuen uns über die leckeren belgischen Fritten, die traumhaften Lütticher Waffeln und die köstlichen Pralinen. Aber wie arbeiten denn unsere belgischen Nachbarn?

Wie es jenseits der Grenze ist, hat mich schon lange interessiert, doch es fehlte eine realistische Möglichkeit, dies herauszufinden. Als unser Berufsschullehrer (Kfz-Abteilung Berufskolleg Simmerath/Stolberg, Helmut Leclere) auf ein Austauschprojekt aufmerksam machte, war ich sofort interessiert, besonders, da auch die Möglichkeit besteht, einen belgischen Gesellenbrief zu bekommen.

Als deutscher Praktikant im Rahmen eines EU-Auslandspraktikums (ERASMUS+) hatte ich mich auf Französisch um einen Platz in einer belgischen Lkw-Werkstatt (SCANTEC Eupen) bemüht. Sechs Jahre Französisch-Unterricht bieten solide Grundkenntnisse. Der Werkstattinhaber war darüber positiv überrascht und lud mich zu einem Bewerbungsgespräch ein, das aber auf Deutsch geführt wurde. Er hatte noch nie einen „europäischen Praktikanten“ und freute sich mit mir zusammen auf die bevorstehende Zeit. Ich erfuhr, dass einige der Mechatroniker zweisprachig seien, einige aber nur Französisch sprächen. Darüber war ich zunächst etwas besorgt, ob ich den Aufgaben und Gesprächen mit meinen Sprachkenntnissen wohl würde folgen können. Da meine Kollegen aber sehr nette Menschen sind, haben sie mich immer unterstützt, wenn es einmal Probleme mit der Verständigung gab. Sie honorierten auf jeden Fall, dass ich mich bemühte, der Fremdsprache gerecht zu werden. Besonders komfortabel ist es, dass alle Programme und Arbeitsanleitungen auf den Service-PCs, die für die Arbeit benötigt werden, auf die jeweilige gewünschte Sprache eingestellt werden können. So können sprachbedingte Missverständnisse und Unklarheiten sehr bequem vermieden werden.

Aus dem Arbeitsalltag in der belgischen Werkstatt möchte ich folgende Aspekte besonders hervorheben:

Es herrscht ein sehr freundliches Arbeitsklima. Alle erscheinen mehr oder weniger pünktlich und arbeiten konzentriert ohne die Vorgaben von Arbeitswerten. Keiner bummelt oder schindet Zeit. Es zählen das gute Arbeitsergebnis und der bestmögliche Service für den Kunden, wobei der Druck von vorgegebenen Arbeitszeiten fehlt. In den Pausen findet ein interaktives Miteinander und kein isoliertes „Handydaddeln“ statt. Besonders praktisch finde ich die Arbeitskleidung: Das Tragen eines Overalls verhindert Schmutzwäsche, die zu Hause gewaschen werden muss. Jeder verfügt über mehrere Overalls, die der Betrieb waschen lässt. Bezüglich der Arbeitssicherheitsbestimmungen konnte ich keine Unterschiede zu einem deutschen Betrieb feststellen: Das Tragen von Arbeitssicherheitsschuhen ist Pflicht, genauso wie der situationsabhängige Arbeitsschutz. Handschuhe, Gehörschutz und Schutzbrillen werden selbstverständlich zur Verfügung gestellt, um etwaige Risiken zu minimieren. Hervorheben möchte ich, dass stets aufeinander geachtet wird, sodass eine kleine persönliche Unachtsamkeit schnell durch Teamgeist entschärft wird. 

Die Werkstatt selbst verfügt über modernes Werkzeug und viele Hilfsmittel, die die schwere Arbeit für die Mechatroniker erleichtert (zum Beispiel Kräne, Kettenzüge, Gabelstapler, Ölzapfanlagen). Da viel Wert auf das Reparieren und nicht einfach das Ersetzen von Teilen gelegt wird, bieten sich im Laufe des Tages viele interessante Tätigkeiten.

Reparieren vor Ort

Bei SCANTEC hatte ich die Gelegenheit, an einem Motor zu arbeiten. Der Motor wurde komplett auseinandergebaut, repariert, geprüft und dann wieder zusammengesetzt. Das war eine großartige Erfahrung! Ich durfte außerdem mehrfach bei sogenannten „Dépannages“ dabei sein, das heißt bei auswärtigen Reparaturarbeiten. Mit dem Servicewagen fuhren wir zu Fahrzeugen und Standmotoren, bei denen es galt, plötzlich auftretende Schäden vor Ort zu reparieren und so eine Funktionsfähigkeit wieder herzustellen.

Die zwei Wochen gingen wie im Flug vorbei! Ich möchte jeden Auszubildenden ermutigen, die Gelegenheit wahrzunehmen und ein Auslandspraktikum zu machen. Es lohnt sich, Widerstände zu überwinden und die Hilfe der Handwerkskammer in Anspruch zu nehmen. Am Ende winken nicht nur ein zweiter Gesellenbrief, sondern vor allem ein gestärktes Selbstbewusstsein und wertvolle Kontakte zu netten Kollegen.