News vom 10.09.2024Max Esser ist ein Macher
Von der Schweinehaltung bis zur Kundenbindung – wie ein Erkelenzer Unternehmer das Fleischerhandwerk revolutioniert.
Von Doris Schlachter
Ein innovativer Unternehmer und Visionär, der das traditionelle Fleischer-Handwerk mit modernen, nachhaltigen Ansätzen transformiert – die Rede ist von Max Esser-Geneschen. Kürzlich ist der 34-Jährige mit dem AC²-Innovationspreis Region Aachen ausgezeichnet worden, weil er sich um die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Region Aachen verdient gemacht hat.
Sein Betrieb mit Sitz in Erkelenz ist Vorreiter in nachhaltiger Landwirtschaft sowie im transparenten Lebensmitteleinkauf und konnte durch seine Aktivitäten im Bereich regionales Tierwohl den Fleischmarkt revolutionieren. Esser garantiert mit dem eigens kreierten Tierwohlpunkte-Konzept Tierschutz und -gesundheit und geht somit weit über eine Haltungskennzeichnung hinaus. Er hat sich dabei bewusst gegen den Trend der Massentierhaltung entschieden und setzt stattdessen auf eine nachhaltige Schweinehaltung. Seine Tiere werden in einem sogenannten „Strohhotel“ gehalten, das den Tieren deutlich mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten bietet. Diese innovative Haltungsmethode führt nicht nur zu einer besseren Lebensqualität für die Tiere, sondern auch zu einer hohen Fleischqualität, die sowohl von Experten als auch von Kunden geschätzt wird.
Mit seinem Hofladen-Konzept bietet das Familienunternehmen in Jülich und Elsdorf Fleisch sowie Obst und Gemüse an. Das erklärte Ziel ist, das gesamte Lebensmittelsortiment direkt von den Erzeugern und auch erstmalig Veggie-Lebensmittel aus regionaler und handwerklicher Herkunft anzubieten. In seiner Metzgerei arbeitet der Metzgermeister eng mit Landwirten zusammen, um die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren – von der Genetik der Tiere bis hin zur Qualität des Fleisches auf dem Teller der Verbraucher. „Ich habe den geilsten Job der Welt, weil ich mich mit Themen wie Nachhaltigkeit und Tierwohl auseinandersetze“, sagt er selbstbewusst.
„Beste Metzgerei Deutschlands“, „Top-Ausbildungsbetrieb“, „Bester Arbeitgeber“ und mehr: Essers Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit und einer klaren Vision, die weit über die Produktion von Fleischwaren hinausgeht. Er sieht die Auszeichnungen, die sein Unternehmen erhalten hat, nicht als persönlichen Verdienst, sondern als Resultat der herausragenden Teamarbeit. „Ohne mein Team bin ich nichts,“ betont Max Esser-Geneschen und macht damit deutlich, dass hinter jedem Erfolg die gemeinsame Anstrengung und das Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen.
Der Vollbluthandwerker führt die Metzgerei mit 20 Verkaufsstellen mit einem tiefen Verständnis für die Wertschöpfungskette. Dieses umfassende Konzept hat auch dazu geführt, dass die Metzgerei als besonders guter Ausbildungsbetrieb gilt. Ein besonderes Augenmerk legt Esser auf den ethischen Umgang mit Tieren. Er spricht sich klar gegen die anonymisierte Massenproduktion aus und verfolgt stattdessen das Ziel, die Herkunft und Haltung der Tiere für seine Kunden transparent zu machen. Diese Offenheit soll das Vertrauen der Verbraucher stärken und gleichzeitig ein Bewusstsein für nachhaltigen Konsum schaffen.
Esser und sein Team legen großen Wert darauf, nicht nur Fachkräfte auszubilden, sondern auch Quereinsteiger zu integrieren und diese mit Begeisterung für das Handwerk zu motivieren. „Mir sind Noten egal. Wichtig ist, dass das Team harmoniert und dass alle Spaß an der Arbeit haben“, erklärt Esser, der überzeugt ist, dass diese Offenheit und der Fokus auf Teamarbeit sein Unternehmen zu dem gemacht haben, was es heute ist. Diese Leidenschaft für Veränderung und Verbesserung spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie er sein Team führt. Die Betonung liegt auf einer Lernkultur, in der Fehler nicht bestraft, sondern als Chancen für Wachstum gesehen werden.
„Wir sind keine normalen Metzger, wir sind Vollzeitaktivisten,“ sagt Esser, der überzeugt ist, dass seine Arbeit und die seiner Mitarbeiter einen positiven Einfluss auf die gesamte Gesellschaft haben. Sein Engagement geht über die eigenen Betriebsgrenzen hinaus – er ist auch in politischen Diskussionen aktiv, insbesondere wenn es um die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und den Abbau bürokratischer Hürden geht. Er plädiert für eine handwerkliche Revolution, die den Wert von Qualität und Nachhaltigkeit ins Zentrum stellt und das Handwerk als Schlüsselakteur in der gesellschaftlichen Transformation positioniert.
In diesem Zusammenhang spricht Esser-Geneschen die deutsche Mentalität an, die er oftmals als zu negativ und hinderlich für den Fortschritt empfindet. Statt zu handeln, verharre das Land, vor allem die Politik, in Bürokratie und Diskussionen, die im Klein-Klein enden, anstatt Lösungen zu fördern. Als Paradebeispiel dafür blickt er über den eigenen beruflichen Tellerrand und spricht über den Wirrwarr bei Wärmepumpen.
Und: „Made in Germany stand einmal für die nachhaltigsten, modernsten und lang- lebigsten Maschinen der Welt. Heute suche ich bereits seit sechs Monaten vergeblich nach einem Geo-Ingenieur, der mir einen Geo-Saisonspeicher für meine CO2-neutrale Lebensmittelküche planen kann. Das hat hier scheinbar noch nie jemand gemacht.“
Die Rahmenbedingungen hierzulande, insbesondere die Bürokratie, stellen in seinen Augen oft Hindernisse dar, die es zu überwinden gelte. Trotz dieser Herausforderungen sieht Esser große Chancen für das Handwerk und appelliert gewerkeübergreifend an alle seine Kolleginnen und Kollegen, aktiv zu werden und ihre Betriebe zukunftsfähig zu machen. „Hört auf, darauf zu warten, dass jemand anderes etwas tut. Fangt an, selbst zu handeln, und setzt euch mit Nachhaltigkeit auseinander. Dort liegt die Zukunft des Handwerks,“ sagt Esser bewusst provokant und möchte damit andere Handwerker motivieren, neue Wege zu gehen und sich nicht von bürokratischen Hürden entmutigen zu lassen.
Viele Betriebe müssten ihre Verantwortung erkennen und sich stärker für eine nachhaltige Zukunft einsetzen. Dabei sieht er das Handwerk als eine Schlüsselkraft in der gesellschaftlichen Transformation, insbesondere wenn es darum geht, innovative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Die Idee, die Esser verfolgt, ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich relevant: „Wir haben die Chance, mit unserem Handwerk die Welt ein Stück besser zu machen. Das ist es, was mich antreibt.“
Sein Appell an andere Betriebe ist klar: Das Handwerk muss sich nicht nur anpassen, sondern die Führung in der nachhaltigen Entwicklung übernehmen. „Ich sehe es wie bei der bundesweiten Handwerkskampagne: einfach machen! Wir müssen ins Handeln kommen. Die Zukunft gehört denen, die aktiv werden,“ ist Esser überzeugt.