News vom 07.09.2022Die Zukunft des Kfz erfordert Zusammenarbeit mit anderen Gewerken
Technische Veränderungen rufen nach Kooperationen auf Betriebs- und Bildungsebene. Experten diskutierten in der BGE.
Aachen. Wie sieht die Zukunft des Kfz-Handwerks aus? Mit welchen Gewerken wird die Zusammenarbeit aufgrund der großen technischen Entwicklung immer wichtiger, und wie müssen sich Aus- und Weiterbildung in diesem Berufsfeld verändern? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Experten aus dem Handwerk, aus dem Bildungsbereich, aus Handwerkskammern und vom Heinz-Piest-Institut, Hannover (HPI), bei einer gemeinsamen Informations- und Diskussionsveranstaltung im Bildungszentrum BGE Aachen der Handwerkskammer Aachen.
Wilhelm Grafen, Geschäftsführer Bildungszentren bei der Handwerkskammer Aachen, begrüßte die Gäste und stellte das Trainings-Centrum Kraftfahrzeugtechnik (TraCK Düren) der Kammer vor. Er berichtete über die Entwicklung der Teilnehmerzahlen und über Investitionen, die getätigt wurden, um am Standort Düren eine hochwertige Überbetriebliche Lehrlingsausbildung (ÜLU), Meisterschule und Fachlehrgänge anbieten zu können. Grafen sprach auch über den Fachkräftemangel und dass es immer schwieriger sei, junge Leute für das Handwerk zu finden. Die Kammer bildet seit 2020 selber auch im TraCK Düren aus.
Einen „bunten Blumenstrauß“ an Erkenntnissen versprach der Leiter des HPI, Christian Welzbacher. Beim Auto spielten viele Faktoren eine große Rolle, so Welzbacher. Klimaschutz, Elektroantrieb, Hochvolt-Technik, Vernetzung im Auto und des Autos nach außen – die Technik wird seit Jahren immer komplexer. Und auch Welzbacher stellte sofort fest, dass es dringend mehr Personal braucht, um Wartung, Reparatur und Instandsetzung von Fahrzeugen sicherzustellen. In der Kfz-Branche gebe es große Veränderungen im Servicebereich, aber auch verschiedene Geschäftsmodelle, wie Autos zur Verfügung gestellt würden. Der Online-Handel wachse immer mehr, der Trend zum Modulaustausch im Fahrzeug ebenfalls. Vieles, was relevant für die Mechatroniker in den Werkstätten ist, steht auf Daten-Plattformen zur Verfügung. Verschiedene Antriebe wie Elektro, Gas oder Wasserstoff sowie die zunehmende Digitalisierung und notwendige Ladetechnik erfordern künftige Kooperationen, beispielsweise mit dem Elektrohandwerk und den Kollegen im Gewerk Sanitär-Heizung-Klima. Sowohl auf Betriebsebene, als auch im Bildungsbereich, vor allem in der ÜLU, werde die übergreifende Zusammenarbeit immer wichtiger. Welzbacher forderte in seinem Vortrag die Politik auf, für eine professionelle Ausstattung in den Bildungszentren zu sorgen, sprich: die nötigen Gelder dafür zur Verfügung zu stellen.
Nur Elektro? Nicht so schnell.
Zahlen, Daten und Fakten präsentierte Olaf Kaluza vom HPI. Der Diplom-Ingenieur prognostizierte, dass die Elektromobilität sich nicht so schnell durchsetze wie sich die Politik das vorstelle. Bei der Antriebstechnik der auf den deutschen Straßen genutzten Fahrzeuge läge der Anteil von Elektrofahrzeugen derzeit bei 14 Prozent. „Eine Explosion ist da nicht erkennbar“, so Kaluza. Das Thema Wasserstoff komme immer mehr ins Rollen, spiele derzeit aber noch keine Rolle, so der Experte. Auch die sogenannten E-Fuels, klimaneutrale Kraftstoffe, die beispielsweise durch Nutzung von Erneuerbaren Energien gewonnen werden, würden als Alternative gehandelt, seien aber auch noch nicht so verbreitet. Ihr Problem seien relativ niedrige Wirkungsgrade und ein hoher Strombedarf zur Erzeugung.
Kaluza forderte, dass man in der Diskussion um ein Verbrenner-Verbot, wie es die Europäische Union für 2035 beschlossen hat, und um „saubere“ Antriebe immer mit bedenken müsse, dass für alternative Kraftstoffe sehr viel Strom nötig sei und zu seiner Erzeugung sehr viel Energie. In die Diskussion einfließen müsse daher auch, welche Auswirkungen dies für die Gesamtwirtschaft in Deutschland habe. So sei zum Beispiel klar, dass, wenn man auf Biodiesel und Biogas setze, weniger Flächen für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stünden. Es laufe wahrscheinlich auf einen Mix der Kraftstoffe hinaus.